Unsere Geschichte im Überblick

Im Folgenden wird der Weg unserer Schule anhand der Chronik nachgezeichnet und in den Rahmen der Entwicklungen der Umwelt gestellt. Das Bild ist lückenhaft, möchte aber im Kern zutreffend sein.

1916 - 1933 " Die Anfänge"

"Am 15. September 1916 trat die dreiklassige Mädchenmittelschule ins Leben. Sie begann mit der 1. Klasse, zählend 30 Schülerinnen." ... So lapidar beginnen die Aufzeichnungen der Chronistin und Direktorin Sr. M. Cleopha Bradl in der schwierigen Zeit des Ersten Weltkrieges, als es bei Kriegserfolgen noch schulfrei gab.

Die Gründung dieser Schule geht auf die Idee zurück, Mädchen eine schulische Ausbildung zu geben, die mehr als die Feiertagsschule, aber weniger als die höhere Mädchenschule bieten sollte. Alle Fächer, bis auf Religion, wurden von den zehn Armen Schulschwestern unterrichtet. Untergebracht war diese mittlere Schule mit Internat im Gebäude des Städtischen Mädcheninstituts Rosenheim. Das von Stadtbaumeister F. Schlögl errichtete Gebäude galt als eines der schönsten vom Jugendstil inspirierten Bauwerke und bot Mädchen so eine abgeschiedene und naturnahe Lernatmosphäre.

Bereits im Herbst 1918 führte die Schule alle drei Klassenstufen mit 82 Schülerinnen und durfte in die neu eingerichteten Schulzimmer im Ökonomiegebäude im Institutsgarten (das ist heute das älteste Gebäudeteil) umziehen. Die politischen Neuerungen jener Zeit wurden weniger freudig aufgenommen: Die Ausrufung der Republik (7. November 1918) hatte das bayerische Königtum zur Abdankung gezwungen; so wurde ein Schulrat gebildet, für die Ordenshierarchie und die monarchistisch gesinnten Ordensfrauen sicher ein unerhöhrter Vorgang.

Die "Zwanziger Jahre" werden von der Chronistin knapp behandelt, sozales Engagement der Schülerinnen für die Kriegsgeschädigten steht dabei immer wieder im Vordergrund. Im Frühjahr 1924 schließlich wird die erste schriftliche Prüfung abgelegt, und im Herbst finden alle drei Klassen und eine Schulküche Platz im Mittelschulgebäude; die Schülerinnenzahl hat mittlerweile die 100 weit überschritten.

1933 - 1945 "Verhängnisvolle Zeiten"

Erzieherische Veränderungen begleiten die nächsten Jahre. Neben Jugendwanderungen werden Turnfeste abgehalten; die Mittelschule soll in eine Haustöchterschule umgewandelt werden, um die sogenannten fraulichen Fächer zu betonen. 1933, nach Hitlers Machtergreifung, wird auch vaterländischer Geschichtsunterricht aufgrund eines NS-Erlasses erteilt. Feiern zu Sonnwend, zur Befreiung Wiens von den Türken und die Einführung des deutschen Grußes (28. September 1933) weisen in die neue harte Richtung des Dritten Reiches. Gesinnung wird wichtiger als die Fachprüfung, die Vorbereitung zum Krieg kündigt sich an. "Hitlerjung Quex" flimmert über die Leinwand, das Deutschtum feiert sich. Neben allen staatlichen Pflichten und Vorschriften werden auch Vergünstigungen für - besonders linientreue Mädchen in der Jungschar und im Bund Deutscher Mädchen - gewährt: samstags frei!

Die politischen Ereignisse treten immer mehr in den Vordergrund chronistischer Pflichten. NS-Propaganda und NS-Feiern prägen den Schulalltag, Fahnen und Flaggen, Rundfunk und Rassenlehre. Goebbels Reden und der Geburtstag des Führers verdrängen die christlichen Erziehungswerte aus dem Schulleben. "Wie eine Bombe" schlägt das Ministrialschreiben vom 10. Januar 1938 ein: "Vom Ablauf des Schuljahres 1938 entziehe ich den an der Mädchenmittelschule Rosenheim tätigen klösterlichen Lehrkräften die Unterrichtserlaubnis." I. V. gez. Dr. Boepple.

Am 8. April 1938 nehmen die Schwestern schweren Herzens Abschied. Die Chronistin vermerkt anklagend das Ende: "1938 - 1946 ist die Schule in weltlichen Händen. Aufzeichnungen fehlen leider."

1945 - 1978 "Der Neubeginn"

Am 8. Mai 1945 endet der Zweite Weltkrieg. Sieben Monate danach, am 1. Dezember 1945, beginnen die Schulschwestern wieder mit der schwierigen Aufbauarbeit. Das eigentliche Schulgebäude ist noch Krankenhaus, und so zieht man provisorisch in die Stollschule, wo unter mühsamsten Bedingungen vier Klassen jeweils an zwei Tagen unterrichtet werden. Im folgenden Schuljahr 1946 zieht man vorübergehend in das Schulgebäude des Mädchenrealgymnasiums an der Prinzregentenstraße . Es herrscht Knappheit an allem: Papier, Bücher, Lebensmittel, Heizmaterial fehlen im Hungerwinter 1947/48. Man rückt dafür enger zusammen. Die ersten Klassen haben 50 Schülerinnen.

Nach Jahren äußerster Bedrängnis und Bescheidung übergibt die Stadt am 2. Februar 1949 den Schulschwestern das Gebäude an der Ebersberger Straße. Die neue Schulleiterin, Sr. M. Zita Steimer, hat Grund zum Jubeln: Die Schülerinnenzahlen steigen, 50%ige Schulgeldfreiheit wird gewährt, die amerikanische Zivilverwaltung hilft bei der Lehrmittelbeschaffung. Mittlerweile gewinnt die Allgemeinbildung wieder an Bedeutung, auch außerunterrichtliche Aktivitäten, wie Sammlungen zugunsten Notleidender, unterstützen die sozial engagierten Schulschwestern.

Anfang der Fünfziger kann man schon ans Reisen denken. Die Absolventinnen fahren an den Bodensee oder gar nach Venedig. Die Schülerinnenzahlen übersteigen erstmals die Zahl 400, die ersten Klassen haben immer noch über 50 Schülerinnen; so stark bleibt der Andrang. Denn inzwischen ist auch der berufsspezifische Unterrichtsgang zu Firmen, Banken oder Ausstellungen neben der praktischen Ausbildung und Vorträgen wichtig geworden.

Die Schule platzt aus allen Nähten. Schließlich ist es soweit: Der Stadtbaurat verkündet den Erweiterungsbau. Am 30. März 1963 rücken die Bagger an. Am 23. Juli 1964 findet die Einweihung und die Schlüsselübergabe des eine Million Mark teuren Anbaus statt im Rahmen der 100-Jahr-Feier der Stadt Rosenheim, ein schönes Zeichen dafür, wie die Stadt unsere Schule fördert. Die Schülerinnenzahl schnellt in diesem Jahr von 375 auf 550 Schülerinnen hoch, die Schule wird nunmehr vierstufig geführt. So gesehen war das Bauwerk mit allen Neuerungen wahrlich kein Luxus, sondern ein Gebot der Stunde. Das Wandrelief "Johanna von Orleans", von Rainer Dillen gestaltet, wertete die Schülersprecherin als "Aufruf zur wahren Freiheit des Geistes und der Seele".

Auch das Medium Fernsehen erfasst die Schule und hilft, den Unterricht aktuell und anschaulich zu gestalten.

50 Jahre nach deren Gründung sind die Schülerinnen "live" am Weltgeschehen beteiligt, als etwa in Bonn die große Koalition gebildet wird. Das 50. Gründungsjahr wird zwar nicht gefeiert, doch die Operninszinierung "Bastien und Bastienne" wird ein schöner Erfolg.

In dieser Zeit verlagert sich der Schwerpunkt der Erziehung; man wird liberaler, weltbürgerlich. Neben der Tradition der leicht exotischen Schulfilmveranstaltungen nutzt man ständig Vorträge, Theaterfahrten, Werkbesichtigungen und Abschlussfahrten, um die "Arbeitswelt" kennen zu lernen und um Kultur zu begegnen.

Raumnot macht sich 1970 wieder bemerkbar; bei 700 Schülerinnen ist auch der sechs Jahre alte Neubau unzureichend. Drei Klassen werden vorübergehend ins Karolinen-Gymnasium ausgelagert. Und selbst mit über 800 Schülerinnen in 20 Klassen (durchschnittlich 40 Schülerinnen pro Klasse) muss die Schule jahrelang in bedrängter Enge funktionieren.

1975 wird Sr. M. Zita Steimer nach 30-jährigem Wirken als Schulleiterin feierlich in den Ruhestand verabschiedet, und die Schule bekommt mit Frau Schnurbusch  die erste weltliche Direktorin.

Ein zweiter Erweiterungsbau gewinnt schon Konturen, die 5-Tage-Woche wird eingeführt; die Vokabeln "modern", "aktuell" und "zeitgemäß" prägen das schulische Handeln. Als 1977 Frau Schnurbusch vorzeitig in den Ruhestand tritt, gibt es schon eine einheitliche Stundentafel für Knaben und Mädchen, die endlich die Gleichberechtigung auch im Lehrplan festschreibt.

1978, einem weiteren Jahr der Veränderung, endet die kommissarische Leitung durch Herrn Konrektor Huber, Frau S. Noe wird zur Rektorin ernannt.

1978 - 1991 "Neueste Entwicklungen"

Die Situation: Mit einem Baukostenvolumen von 3,6 Mio. DM werden nun der zweite Erweiterungsbau und Umbauten im Altbau im Dezember 1978 abgeschlossen. Die Räume sind für einen modernen Unterricht konzipiert, Funktionalität gilt als oberstes Gebot. Die bedrückende Enge für Schülerinnen und Lehrer gehören der Vergangenheit an. Die Schülerinnen können vielseitig gefördert werden. Eine Lehrerbücherei wird eröffnet, die regen Zuspruch findet, ein Photolabor eingerichtet und die Genehmigung zur Anschaffung einer EDV-Anlage für Informatik und Textverarbeitung erteilt.

An der Schwelle zu den Achtzigern rollt eine weitere Modernisierungswelle an, um den Absolventinnen eine angemessene Berufsvorbildung zu bieten. Auch künstlerisch vielseitige Darbietungen bringen zusätzlich Farbe in den Schulalltag. Dabei kommt auch der Sport nicht zu kurz. In verschiedenen Disziplinen werden gute Leistungen erzielt, die sich über die regionalen Grenzen hinaus sehen lassen können ("Jugend trainiert für Olympia"). Sinkende Schülerzahlen und abgesenkte Klassenfrequenzen verbessern zudem die pädagogische Arbeit. Die Schule wird übersichtlicher.

Im Bewusstsein der Schülerinnen greift immer mehr der Gedanke an die überall bedrohte Umwelt um sich. Ein "Umweltprojekttag" mit großem Erfolg dokumentiert diese Haltung. Auch außerunterrichtliche Aktivitäten sollen in den achtziger Jahren der Schule und ihren Besuchern den Wert des Menschen in der Arbeitswelt vermitteln. Von der "Null-Bock-Generation" ist bei den Schülerinnen wenig zu bemerken. Der Europagedanke kommt in fremdsprachlichen Kontakten zum Ausdruck.

Mit der Wiedervereinigung beginnt auch die Patenschaft mit einer ehemaligen "DDR"-Stadt: Greiz. Die Entwicklung auf der weltpolitischen Bühne macht dies möglich.

So spiegelt sich die Geschichte auch im Leben einer Schule, die aus bescheidenen Anfängen hervorging und sich einen wichtigen Platz im Bewusstsein der Stadt und des ganzen Umlandes verschafft hat: beachtet, geachtet, geschätzt.

Dieser Text wurde 1991 verfasst von A. Fischer und G. Kauer,